"Was Sie Sonst Noch Über Mich Wissen Sollten" Das ist so ein Truc-Pointu, das seit vier bis fünf Jahren allen Bewerbern durch Agenturen und Handbücher nahegelegt wird. Es geht dabei darum sämtliche ausserfachlichen und ausserdienstlichen Aktivitäten aufzupinseln, etwa, "Ehrenvorsitz im Club der Feuerbacher Rauhaardackelfreunde" oder "Bezirksmeister im Kronkorkenbeißen", kann aber auch so etwas enthalten wie "in meiner Freizeit gehe ich mit meinen Freunden gerne ins Kino." Die Theorie will, dass damit der Kandidat dem Personaler als echtes, authentisches Individuum vorkommt. Ich hatte da immer zwei Störfragen: 1. Wie qualifiziert das wirklich? Nun wird vermutlich ein Hund, und wenn er noch so sympathisch ist, niemals mit dem Ochsenjoch Bauer Hansens Pflug schleppen. Oder konkreter: Wenn ein ausgebildeter Maurer sich als Hochseekapitän bewirbt, dann wird er nicht qualifizierter dafür, wenn er mit Matrosen Skifahren geht, die mangelnde Qualifikation bleibt für die Passagiere an Bord dennoch eine Gefahr. Ausserdem wird nie ein Doktor der Biologie die Arbeit eines Schlossermeisters wirklich tun können. 2. - Was noch viel schlimmer ist - Ist es wirklich aussagekräftig? Das Ding soll zur Not auch noch Auskunft über die Umgänglichkeit mit Menschen geben. (Freunde, soziales Engagement) Der Kandidat kann aber trotzdem mit den neuen Kollegen eine Arschlochpolitik fahren und so ein bestehendes, gesundes Klima verpesten. Dann ist er noch immer Ehrenvorsitzender von Wasweißichwas, aber hat die Psychologenrechnung vom technischen Zeichner zu verantworten, weil er ihn eventuell in die Schlaflosigkeit gemobbt hat. Wenn jemand Freunde hat ist das schön, aber er muss nicht automatisch ein Traumkollege sein. Das zeigt nur eine Probezeit. Ich fand, dass gerade so etwas nach Vitamin B und Veroberflächlichung der Gesellschaft aussieht. Die Fähigkeit mit Menschen umzugehen auf einer Seite in acht Zeilen Telegrammstil. Individualität in Sätzen wie: "Ich gehe gerne mit Freunden ins Kino" (Nebenbei, individuell wird das erst, wenn man es in z.B. Memoiren entfaltet) Man versucht, sich durch Sympathie einstellen lassen.
Es ist halt jederzeit denkbar, dass du auf einen Bewerbungsempfänger triffst, der das mag, warum auch immer. Profilierung des Bewerbers muss sein. Aber doch bitte durch Fakten, Resultate, gute Noten, Fleiß, Effizienz, Bereitschaft (außeruniversitäre Engagements), Interessen über den Tellerrand (Hobbys, sonstige Aktivitäten), anforderungsgerechtes Verhalten (Sprachen, Auslandsaufenthalte). Das Fehlen aller o.a. Aspekte in einer Bewerbung ist nicht hinzunehmen, weil ein Blatt beiliegt, auf dem es heißt "Was Sie sonst noch ...", das ja noch nicht einmal selbst geschrieben sein muss. Was soll man denn dann tun, wenn man sich aus dem "Mittelfeld des Leistungsspektrums" heraus bewirbt - also Durchschnitt ist? Ganz einfach: einen Ausgleich bieten und kleine Brötchen backen. Zum Engagement in der Lüneburger Heide oder im bayrischen Wald bereit sein, weniger Gehalt fordern, Chinesisch können oder seltene Programmiersprachen beherrschen oder besonders viele Praktika haben oder in ungeliebte Branchen oder Jobs gehen, Außendienst oder Schicht machen usw. Mit Äußerlichkeiten bei der Bewerbung erreicht man dagegen bei professionellen Bewerbungsempfängern gar nichts - eher im Gegenteil. Ein Rat dazu: wenn nicht ausdrücklich (!) durch Branche, Anzeige oder Unternehmen gefordert - weglassen. Wisst ihr, welche Äußerlichkeiten, wenn wir schon bei dem Thema sind, Aufmerksamkeit bei den Profis erzeugen? Eine fehlerlose (!), komplette, richtig geschriebene Bewerbung, die auf eine Anzeige passt.
Aber Sprachen und sonstige Kenntnisse gehören nun mal in die Zeugnisse. Soziales Engagement in den CV. Gehaltforderungen ins Anschreiben. Oder? Also, so dachte ich das bisher. Was mir bisher Schwierigkeiten gemacht hat, ist die Unterbringung von zusätzlichen Fertigkeiten, etwa mit welchen Software-Paketen ich besonders gut umgehen kann, und ähnliches. Aus der Uni-Note in Informatik wird ja nicht ersichtlich, ob's C, FORTRAN oder was anderes ist, das gelernt wurde.
Also was wichtig ist, kommt dann auch in den Lebenslauf (ich würde ich Sprachen dort aufführen und wo wichtig auch spezielle EDV-Kenntnisse). Mal noch was anderes: Nicht alles, was ich in meinem Leben mache, was wichtig ist für mich und meine Person und Ausbildung, lässt sich in Zeugnissen ausdrücken, z.B. was ich zu einem Thema gelesen habe oder in meinem Leben schon an Erfahrung gesammelt habe. Wenn ich mich z.B. für konstruktive Konfliktlösung interessiere, muss ich dann da ein Praktikum vorweisen? Oder reicht eine Hausarbeit zum Thema - die wäre als Anlage etwas lang. Ein Zertifikat, das ich da aus einem Seminar habe, bescheinigt mir nicht mal so recht die Grundlagen und erscheint mir ungeeignet, je nach Bedarf. Oder sollte ich auf einen Studienschwerpunkt im Lebenslauf verweisen (eventuell die Bescheinigungen von entsprechenden Veranstaltungen beilegen?)? Und das alles, ohne zu viel, aber doch genug Papierkram beizufügen???
Stimmt. Es sei denn, es sind Sprachen und sonstige Kenntnisse ohne Zeugnis, dann kommen sie in den Lebenslauf unter "Sonstiges". Falls Zertifikate existieren (wichtige!), kannst du sie ganz ans Ende legen (in den Block hinter das letzte Zeugnis) Richtig, wenn es zur beworbenen Position passt. Es ist sinnlos, die Betreuung von Suppenküchen (obwohl zweifellos ehrenhaft) in einer Bewerbung als CAD-Architekt zu erwähnen. Überhaupt muss die Richtschnur der Bewerbung die angestrebte Position oder die beantwortete Annonce sein. Yepp. Wie hoch? 10-20% über der letzten ist Standard. Wenn es vorher keins gab, schlau machen, was das mittlere Quartil der Gehälter in Deutschland/Europa hergibt. Wenn es ein Gehalt vorher gab: hinschreiben "Mein derzeitges Gehalt beträgt ... p.a." (nicht pro Monat, nicht pro Stunde!) In den Lebenslauf unter "Sonstiges", wie die Sprachen oder sonstige Kenntnisse, Zertifikate wie dortselbst. Erneut: FORTRAN-Kenntnisse sind eher zwecklos, wenn du dich als Dipl.-Psychologe an einem Institut bewirbst. Immer (!) und jedesmal (!) die Zusammenstellung der Bewerbung am Ziel orientieren, jede Bewerbung ist anders.
Nicht alles, wofür du dich interessierst, interessiert auch den Bewerbungsempfänger. Hier wieder die ewig gleiche Wahrheit: ist "konstruktive Konfliktlösung" Bestandteil des Anforderungsprofils ("Universität XYZ sucht Doktoranden im Forschungsschwerpunkt 'Konstruktive Konfliktlösung'"), dann die ganze Bewerbung darauf aufbauen, Praktika vorweisen (so vorhanden) und klotzen (im Anschreiben, in den Zeugnissen, im Lebenslauf). Wenn nein, dann entweder weglassen oder in Sonstiges einsortieren. Bitte nochmal ins Gedächtnis rufen, hier geht es nicht um das, was wichtig für DICH ist, hier geht es um das, was wichtig für den Bewerbungsempfänger ist! Wenn es zur Anforderung passt, ist dies der bessere Weg. Gibt es einen solchen Studienschwerpunkt, dann steht er in den Zeugnissen, ist er wichtig für die Position, dann erwähne es nochmal ausdrücklich im Anschreiben ("Seit Jahren beschäftige ich mich schon mit...") Notabene: deswegen gibt es auch keine "Musterbewerbung". Macht nie den Fehler, eine Bewerbung zusammenzustellen und sie dann 30 mal kopiert (oder gedruckt) an verschiedene Stellen zu schicken. In diesem Fall müsst ihr 30 Unikate erzeugen, die genau auf die jeweils ausgeschriebene Stelle passen (die aber natürlich eine gewisse Querschnittsmenge gleicher Fakten enthalten, da es ja immer um euch selbst geht).
Na nach den ganzen wirren Rezepten der Agentur im Stuttgarter Hörsaal hätte ich es fast nicht mehr gehofft.
Hier noch eine kleine Sammlung von (scheinbar unwichtigen) Fragen, ohne dass die Reihenfolge ein Indiz für die Wichtigkeit wäre, locker aufgelistet. Diese Kleinigkeiten falsch zu machen, führt regelmäßig nicht zum Stapel 3 ("Vergiss es"), kann aber bei sonst gleichen Bewerbern den Ausschlag geben. Es ist wie immer im Leben: groß in Kleinigkeiten zu sein, kann nichts schaden... Muss ich ein Photo nehmen (ich kann das Bild doch scannen und auf den Lebenslauf drucken)? Klar kannst du. Solltest du aber? Lass es mich so sagen: Joghurt mit 0,1 % Fettanteil ist auch Joghurt, schmeckt aber nicht. Muss ein Anschreiben (Lebenslauf, Arbeitsprobe) fehlerfrei geschrieben sein? Ja, unter allen Umständen. Viele Entscheidungsträger haben nicht das allergeringste Verständnis für Schreibfehler, da sie meist eine gute Ausbildung genossen haben und sonst sowas von sich geben: "Kann ja nicht mal richtig schreiben, der Mann (die Frau)!" Ist es nicht besser, alle diese wichtigen Dokumente in Klarsichthüllen zu packen? Sieht doch besser aus, und wenn ich sie zurückbekomme, kann ich sie wiederverwenden. Nein, nein und nein. 30 Klarsichthüllen mal 85 Bewerbungen machen 10 kg Gewicht mehr, rutschen leichter vom Stapel und hängen an der Seite der Mappe heraus. Außerdem muss ich alles aus der Hülle rausnehmen, wenn ich Notizen auf den Papieren machen will (es sind schließlich meine geworden, warum sollte ich sie zurückgeben?) Soll ich anrufen und fragen, wie weit meine Bewerbung ist? Schließlich war da eine Telefonnummer in der Anzeige. 85 Bewerber rufen in einer Woche je 2 mal an und sprechen 2 Minuten mit der Personalabteilung oder mir. Dann habe ich 340 Minuten verloren (fast sechs Stunden) in denen ich mir die Bewerbungen hätte ansehen können. Reicht das als Antwort? Muss ich mich wirklich "gut" anziehen zum Gespräch? Ich hasse Anzüge/Kostüme... Hast du in Jeans geheiratet, im Schlabberpulli die Oma beerdigt, den Opernball in Sandalen bestritten? Nein? Dann solltest du dich zum Interview auch gut anziehen. Ich fühle mich und meine Firma missachtet, wenn du nicht mal diesen Anlass für wichtig genug hältst, dich "anständig" zu kleiden. Wie pünktlich muss ich da erscheinen? Reicht eine halbe Stunde vorher? Nun, lange vorher ist schlecht (da verkürzt jemand meine Terminplanung und ich muss ihn warten lassen), aber zu spät ist eine Katastrophe. 5 Minuten vor der Zeit ist des ... Pünktlichkeit. Und was, wenn so unvorhergesehene Sachen passieren (Stau, Auto kaputt, etc.)? Planung ist alles - wenn mein Auto kaputtgehen sollte, habe ich Zeit genug eingeplant, mit dem Zug oder Taxi weiterzufahren und trotzdem pünktlich zu sein. Wenn ein Stau ist, bin ich so lange vorher losgefahren, dass mir das nichts macht und ich ganz entspannt warten kann. Klingt übertrieben? Ja, wie wichtig ist dir denn der Job? Natürlich gibt es höhere Gewalt und jeder wird völlig unvoreingenommen einen neuen oder späteren Termin ausmachen, wenn du (rechtzeitig!) anrufst und um einen neuen Termin bittest, weil... Aber dieses "Weil" sollte etwas wirklich Unvorhersehbares sein, alles andere läuft unter PPP (piss poor planning). Darf ich nach Fahrtkostenersatz fragen? Klar, jeder disqualifiziert sich auf seine Weise. Meistens ersetzt die Firma die Fahrt-/Flugkosten sowieso oder schickt ein Ticket/eine Fahrkarte - wenn die Bewerbung bereits in einem vielversprechenden Stadium ist. Alles andere sind Lebenshaltungs- oder Werbungskosten... Was muss ich denn zum Interview mitbringen? Ergänzende Papiere? Nichts, was die Firma nicht ausdrücklich fordert. Ein ausgeruhter Kopf wäre Klasse... Soll ich mir Notizen machen im Interview? Wie wirkt das? Mache, was du für nötig hältst. Ich würde mich fragen, ob du dir die Kleinigkeiten, die ich dich da frage, nicht so merken kannst. Wenn ich einen Archivar suche, bin ich vielleicht davon beeindruckter, als wenn ich einen Verkaufsingenieur brauche. Müssen die Kopien der Zeugnisse (Zertifikate o.ä.) beglaubigt sein? Nein, wozu? Wenn du sie fälschst und es kommt raus, fliegst du. In allen anderen Fällen sind sie ja genauso richtig wie ohne Beglaubigung. Wie lange kann ich auf eine Annonce antworten, ohne "zu spät" zu sein? In der Regel eine Woche, manchmal auch 14 Tage.
Idee: Ich scanne das Bild und drucke es mit aus, klebe aber das Bild dann da drauf, auf der Rückseite mit Name und Betreff. Dürfte also ziemlich sicher sein, auch dann wenn der Klebstoff versagt. Oder?
danke für deine ausführlichen antworten, pit. aber was ist denn so schlimm an einem chronologisch umgekehrten lebenslauf? und ich kann also meine äußerlich attraktiv gestaltete bewerbung in keinster weise verteidigen (mal völlig abgesehen vom inhalt - der entspricht eigentlich so ziemlich dem, was du so sagst)? mich macht es doch so glücklich, wenn alle farben, schriftarten etc. perfekt zusammenpassen. menno. schwarz/weiß ist LANGWEILIG
Schlimm? Nein, schlimm ist daran nichts - er ist nur unpraktisch. Und unüblich - zumindest in unseren Breiten. Wenn also das Unternehmen, zu dem du willst (Zeitung, Verlag, Sender) diese Form nicht ausdrücklich fordert, lass es. Menschen denken linear von vorne nach hinten, von A bis Z, von Geburt bis Tod, oben nach unten. Jeder kann auch umgekehrt, aber nicht ohne Anstrengung. Schreib dir doch mal einen Routenplan von hinten nach vorne und finde dann den Weg! Und wenn jetzt dein Bewerbungsleser deine letzte Tätigkeit sehen will blättert er nach hinten und findet? Deine Geburt. Er will wissen, wann du geboren bist, schaut nach vorne und findet? Deinen Studienabschluß. Wärest du die einzige Bewerbung, die er anschauen muss, es wäre ihm höchstens egal. So ärgert er sich, weil er deine Bewerbung nicht leicht mit anderen vergleichen kann. Alles, was das Prädikat "nicht leicht/nicht gleich/nicht klar" hat, ist schlecht für dich und deine Bewerbung. Ich sage nicht: mach' es nicht so. Ich sage nur, wenn du es so machst, musst du mit Nachteilen rechnen. Aber ja, du kannst sie verteidigen, benutzen, einsenden, so oft du willst. Wenn du formal alles andere richtig machst, wenn deine Zeugnisse gut sind, dein Lebenslauf stimmt, du dich auf die richtige Stelle bewirbst, dann hast du vielleicht keine Nachteile durch das Abweichen von der "Bewerbungsnorm" (nochmal: es sei denn, dein Empfänger erwartet "kreative" Bewerbungen!). Aber Vorteile hast du keine davon. Wer liest denn deine Bewerbungen? Wie "der Typ vom WDR" meistens Männer im mittleren Alter (35-50), meistens konservativ denkend, meistens Profis und lange im Geschäft, sonst würden sie nicht für Einstellungen zuständig sein. Ob er wohl deiner Meinung ist, dass "schwarz/weiss langweilig" ist? Er käme im Zusammenhang mit einer Bewerbung wahrscheinlich nicht einmal auf die Idee, dass "bunt" weniger langweilig sei (ich kann es gar nicht oft genug sagen: es sei denn, die Stelle, die du anstrebst erwartet ausdrücklich Kreativität!), sondern nur störend. Er interessiert sich im Vorsortierstadium (die drei Haufen, du weisst schon) nicht einmal für deinen Namen, sondern nur für die Fakten. Warum sollte also Petit Garamond leichter sortierbar sein als Arial? Ist sie nicht. Warum sollte eine zentrierte grüne Überschrift: "Meine Bewerbung" leichter sortierbar sein als ein Anschreiben, das man sofort sieht ohne umzublättern. Ist sie nicht. Warum sollte also ein sechsflügeliges Mappenmonster, das ohne Bedienungsanleitung nicht aufgeht mehr Eindruck schinden als ein stinknormaler Plastikhefter? Tut es nicht. Im Gegenteil. Darf ich dir noch eine letzte ketzerische Frage stellen? Warum muss es DICH denn glücklich machen, wenn deine Mappe so schön ist? Ich denke, du wärest viel besser dran mit unterschriebenem Arbeitsvertrag in der Tasche, weil du "den Typen vom WDR" glücklich gemacht hast (mit deiner Bewerbung natürlich) und würdest ganz schnell vergessen, wie "langweilig" deine Bewerbungsmappe doch damals war...
jaja ZIELFÜHREND ich hab schon verstanden. Oder wie es der Focus sagen würde: Fakten, Fakten, Fakten....
Mal am Rande... Schwarzweiß ist dennoch cool, wenn der Inhalt stimmt, wenn man also durch irgendwelche CD-Regale streift... ... oder man ist mit schwarz einfach so geübt, dass man keine Farben braucht, um optisch ansprechend zu sein.